Klettertour im Eis

Das Element Wasser in fester Form erleben, diese Möglichkeit bietet uns der Winter mit den gefrorenen Wasserfällen. Dabei sind es nicht unbedingt die großen Wasserfälle, die die besten Eisklettermöglichkeiten erschaffen. Gerade das Schichten- und Oberflächenwasser bildet beste Voraussetzungen für diesen Sport.

Atemberaubende Kletterrouten für Anfänger und Experten

Das Gebiet um Rein in Taufers in Südtirol hat gleich eine Vielzahl solcher Spielwiesen für Anfänger und Fortgeschrittene. Es liegt auf ca. 1600m Meereshöhe und ist deshalb auch über den ganzen Winter prädestiniert dafür. Einige Eisfälle sind auf kurzem Weg mit dem Auto erreichbar und manche müssen schon auch mit einem kräftigen Anmarsch erkämpft werden. So zum Beispiel der Ursprungsfall am Talanfang unterhalb des Riesernock (2932m). Vom Parkplatz am Angerer bis zur Furtalm ist bei frei geschobenem Weg eine gute Stunde Anmarschweg mit 225m Höhenmetern zurück zu legen. Von da aus geht es nur noch mit Schneeschuhen durch das Unterholz und das zu- geschneite Bachbett des Reinbaches. Auch die letzten Meter bis zum Einstieg erfordern eine Menge Kraft.

Auf Grund seiner imposanten Größe lockt das blaue Band schon beim Blick aus Rein in Richtung Ursprungstal. Die Eismasse ergibt ca. 130 Klettermeter auf einer Breite von ca. 30 Metern.

Die Schwierigkeiten liegen zwischen 3 und 5, je nach gewählter Route. Nach ca. 30 Metern befindet sich rechts am Fels die erste gebohrte Sicherungsmöglichkeit. Ein weiterer Standplatz wurde im oberen Teil gebohrt, ist aber je nach Wetterlage nicht immer zu gängig. Bei unserer Tour war der Bereich von Schnee und Eis bedeckt. Der über Nacht gefallene Schnee im oberen Bereich rieselte in kleineren Lawinen neben dem Eisfall herunter. Das Wetter war an diesem Tag sicher nicht optimal. Gelegentlich schneite es und es zogen immer wieder Wolken in das Tal, mit Sichtweiten von maximal 30m.

Wir begannen um 11.30Uhr mit dem Einstieg. Ich stieg vor, während mich Uwe mit dem Zwillingsseil (zwei 50m lange Halbseile) sicherte. Alle 2-4m oder bei Bedarf setzte ich eine Eisschraube. Das Eis selbst war aber sehr gut beschaffen. Nicht zu hart gefroren und recht stark profiliert bot es gute Hook und Standmöglichkeiten. So war auch der erste Abschnitt bis zum Standplatz schnell geklettert.

Klettern mit Hindernissen

Der zweite Standplatz war von hier nicht einsehbar! Die Motivation war hoch, also kletterten wir weiter. Wenigstens bis zum nächsten gebohrten Standplatz wollten wir kommen. Da die Eisfläche in manchen Bereichen nur 30° ? 45° steil ist, liegt eine Menge Schnee auf diesen Stellen. Es war inzwischen ca. 14 Uhr. Der zweite Bereich ist ca. 80° steil oder leicht links im 55° Bereich zu um klettern. Hier reichte auch keine einfache Seillänge, also richtete ich nach 48 m einen Standplatz ein, zu dem ich Uwe nach sicherte. Das kostete Zeit! Nach 90 Minuten klettern, waren wir auf dem oberen flacheren Stück angekommen. Hier stellten wir fest, dass der Standplatz, also unsere Abseilmöglichkeit eingeschneit war. Den genauen Platz kannten wir nicht, deshalb machte das Suchen danach keinen Sinn. Die Beschaffenheit des Eises bot aber auch keine sichere Möglichkeit zum Bohren einer Sanduhr! Es war Schichteneis. Dünne Platten auf einer Lage verfestigtem Schnee und darunter wieder plattig. Unsere Entscheidung hieß weiter hoch, um oben nach rechts zu queren und im Wald Abzuseilen. 16.00Uhr sind wir endlich oben angekommen. Auf den letzten Metern liegt ca. 1m Schnee! Alles beiseite räumen um sicher zu stehen, nochmal eine Schraube setzen. Die letzten Stunden waren Kräftezehrend. Abseilen unmöglich! Vor uns lagen ca. 200m durch 1,5m tiefen Pulverschnee! Bei jedem Schritt bauchtief versunken, schafften wir es bei Einbruch der Dunkelheit an der Abseilstelle zum Reinbach anzukommen. Jetzt Abseilen ins Ungewisse! Wo ist der nächste Standplatz? Reichen die 50m Seil auch aus? Über mehrere Stufen und selbst eingerichtete Abseilstellen erreichten wir das Bachbett.

Auch der Bach war ca. 1 bis 2m voll mit Schnee. Unter uns plätscherte das Wasser. Am Seil verbunden ging es weiter. Aber auch hier stürzt der Bach an einer Stelle 50m in die Tiefe. Wieder abseilen! Fast unten angekommen, lag uns noch ein Weg von ca. 500 Metern Tiefschnee bis zur Einstiegsstelle des Eisfalles bevor. Die zuvor gespurten Pfade waren zu geweht und deshalb nicht erkennbar. Also wieder, bei jedem Schritt, bis zum Bauch versinken. Abends acht Uhr angekommen an unseren Rucksäcken reichten wir uns die Hände. Geschafft!!!

Jetzt nur noch anderthalbe Stunde Rückweg im Stirnlampenschein zur Pizzeria Florian, wo uns eine kräftige Lasagne erwartete.